Werfen Sie einen Blick
hinter die Kulissen.
Schaden durch Kauderwelsch
Wenn jemand ans Rednerpult geht, hat er was zu sagen und will, dass die Botschaft ankommt. In der Praxis ist das leider nicht immer so. Viele Firmenvertreter ergehen sich in grausigem Fachchinesisch. Ergebnis: das Publikum ist bestenfalls gelangweilt, die Botschaft verpufft. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Hohenheim, die die Reden der Dax-Vorstände unter die Lupe genommen hat. Moniert werden Wortungetüme wie Platform-as-a-Service-Angebot oder Effizienzsteigerungsmaßnahmen. Hier wird deutlich: Viele Redner traktieren ihr Publikum mit der Sprache aus Manager-Sitzungen und Marketing-Abteilungen. Die Zuhörer bekommen so den Eindruck: Der Redner will mir gar nichts sagen, sondern stiehlt nur meine Zeit.
Natürlich müssen die Vertreter von börsennotierten Unternehmen jedes Wort auf die Goldwaage legen. Jede unbedachte Äußerung kann sofort den Kurs belasten und die Aktionäre erzürnen. Doch die Hohenheimer Studie zeigt auf, dass man auch in dieser besonderen Situation gute Reden abliefern kann. Hervorgehoben wird vor allem Telekom-Chef Timotheus Höttges, dessen Beiträge inhaltlich verständlich und in der Sprache klar sind.
Die Studie beleuchtet einen Missstand, der weit über die untersuchten Dax-Konzerne hinausgeht. Schlechte Reden und Vorträge sind leider weit verbreitet. Die Folgen sind verheerend. Unverständliche Vorträge kratzen nicht nur am Ansehen des Redners selbst. Wenn die Botschaft über die künftige Unternehmensstrategie nicht ankommt, hagelt es schlechte Presse und interessierte Investoren suchen das Weite. Missverständliche Äußerungen können auch Kunden verschrecken, da sie denken müssen, der Lieferant hat was zu verbergen. Das bedeutet: neben einem erheblichen Imageschaden können handfeste wirtschaftliche Nachteile entstehen. Nur weil man nicht in der Lage war, verständlich zu kommunizieren.
Typisch sind Vorträge im Manager-Kauderwelsch auch bei Betriebsversammlungen. Während die Vertreter von Betriebsräten und Gewerkschaften mit emotionalen Beiträgen die Zuhörer für sich gewinnen, erntet der Werkleiter oder gar der Chef-Chef mit seinen Äußerungen allenfalls Unverständnis und bestätigt das Vorurteil, dass „die da oben“ in einer anderen Welt leben. Beispiel: „In dieser Region wurden die eingeleiteten strukturellen und organisatorischen Gegenmaßnahmen fortgesetzt, um die Profitabilität weiter zu steigern.“ So kann man aber keine Mitarbeiter motivieren oder ihnen schlüssig erklären, warum gewisse Maßnahmen notwendig sind.
Doch wie kann man diese Fehler vermeiden? Grundsätzlich ist das gar nicht so schwer. Gute Kommunikation setzt den Willen voraus, dass man auf die Zuhörer auch eingehen will. Klingt einfach, rüttelt aber in der Praxis an mancher Unternehmenskultur. Einfacher ist es, „durchzuregieren“ und sich hinter nichtssagenden Wortungetümen wie „Ergebnisverbesserungsprogramme“ zu verschanzen. Offene, klare Kommunikation setzt hingegen Dialogbereitschaft voraus. Und erzeugt möglicherweise Nachfragen und Diskussionsbedarf. Doch das sind die Grundlagen einer erfolgreichen Kommunikation. Nicht nur bei einer Rede.
Im zweiten Schritt gilt es zu klären: wer bereitet die Rede auf? Nur wenigen Führungskräften ist es gegeben, selbst gute Reden zu schreiben. Müssen sie auch nicht. Das kann man delegieren. Allerdings nicht an die Chefsekretärin oder den Sachbearbeiter aus der Marketingabteilung. Wer keinen Redenschreiber beschäftigt, kann sich die Expertise ins Haus holen.
Im Idealfall klopfen Redner und Schreiber die geplanten Botschaften zusammen ab, die es zu verkünden gibt. Daraus entsteht ein roter Faden für den Beitrag. Regel hier: weniger ist mehr. Beiträge vor einer Betriebsversammlung oder einer Pressekonferenz sollten 20 bis 30 Minuten nicht übersteigen. Und lieber wenige, aber dafür in der Aussage auf einen Blick verständliche Folien. Sonst konzentrieren sich die Zuhörer auf das überfrachtete und unverständliche Bild und hören minutenlang nicht zu.
Die Sprache sollte sich nach den Zuhörern richten. In einer Betriebsversammlung sind Begriffe wie „Break-even-point“ tabu. Die Sätze sind kurz, sonst verlieren die Zuhörer den Faden. Die Hohenheimer Studie zitiert diesen hübschen Satz: „So können wir dank dieser Analysen etwa die potentiellen Auswirkungen von Ereignissen, sei es ein Taifun in Asien oder ein technischer Defekt in einem Zulieferbetrieb, der zu einer Betriebsunterbrechung führt, viel präziser abschätzen und unser Risikomanagement entsprechend anpassen.“ Aha. Wie war das doch gleich noch im Mittelteil des Satzes?
Gute Reden benötigen also eine sprachlich und inhaltlich gute Vorbereitung. Bleibt aber noch der Vortrag selbst. Nicht alle kommen als begnadete Redner auf die Welt. Doch einige handwerkliche Kniffe kann man lernen. So vorbereitet steht einem erfolgreichen Vortrag nichts mehr im Weg.
Informationen zur Studie der Uni Hohenheim finden Sie hier.