Werfen Sie einen Blick
hinter die Kulissen.

Reparaturbedarf

Über Jahrzehnte hinweg haben sich die wichtigsten deutschen Automobilhersteller heimlich über technische Entwicklungen, Ausstattungsdetails und das Verhältnis zu Zulieferern abgesprochen. Wer welchen Schaden durch diese Praktiken erlitten hat, ist noch offen. Das wird sich wohl erst in Monaten wenn nicht in Jahren herausstellen. Ähnlich lange dauert es sicherlich, bis klar ist, welche Absprachen wirklich illegal waren und wo es sich hingegen nur um einen erlaubten Meinungsaustausch handelte. Fest steht jedoch schon heute: das jetzt ans Licht gekommene System der Absprachen schadet dem Ansehen der Automobilindustrie.

Die Glaubwürdigkeit der Branche war durch die Manipulationen rund um die Dieseltechnik ohnehin schon angekratzt. Dass sich aber die Hersteller umfassend abstimmen, statt Wettbewerb zu betreiben, ist jedoch von ganz anderer Qualität. Welche Innovationen wurden so verhindert oder kamen erst später auf den Markt? Heute erkennen Radarsysteme schneller kritische Situationen als der Mensch. Wären schon mehr sicherheitsrelevante Systeme auf dem Markt, wenn es den Klub der Mauschler nicht gäbe?

Möglicherweise sind heute sogar Schwierigkeiten bei manchen Zulieferern anders zu bewerten. Wurde wirklich zu teuer produziert oder hat der „Klub der Fünf“ diese Lieferanten schlicht auflaufen lassen? Welche zuvor abgestimmten Zugeständnisse wurden verlangt, um im Geschäft zu bleiben. Wie viele Arbeitsplätze hat das gekostet? 

Die Empörung ist also gerechtfertigt. Dennoch: mit einem pauschalen Rundumschlag macht man es sich zu leicht. In der Autoindustrie arbeiten Hunderttausende, die ehrlich bemüht sind, täglich ihr Bestes zu geben. Sie in Sippenhaft zu nehmen, wäre falsch. Anzuklagen ist hingegen eine Kultur, die Betrug und Mauschelei dem Wettbewerb um die beste Lösung vorzieht.

Wenn eine ganze Branche die Legalität verlässt, ist das Problem grundsätzlicher Natur. Die Beteiligten der mehr als 60 „Arbeitskreise“ müssen unter gewaltigem Druck stehen. Die Gier nach mehr Macht und Boni ist sicher ein Grund. Doch auch die Erwartungen der Finanzmärkte haben ihren Teil dazu beigetragen. Eine Folge wird sein: Die Aktionäre müssen künftig noch kritischer als bisher die strahlenden Erfolge der Unternehmen hinterfragen.

Wie bereits in der Finanzwirtschaft geschehen, steht jetzt die Automobilindustrie vor einem großen Reinemachen. Und die Banken zeigen, wie schwer so ein Kulturwandel fällt. Es trifft die gesamte Industrie, denn man kann davon ausgehen, dass die beteiligten Manager ihre Kultur in andere Unternehmen exportiert haben. Die Kartellwächter haben darum wohl nicht nur bei deutschen Herstellern einiges aufzuarbeiten.

Doch aktuell steht vor allem die deutsche Branche am Pranger. Ihr Reparaturbedarf ist groß. Die Kommunikationsaufgabe wird nun sein, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Porzellan gibt es einiges zu kitten: Nicht nur bei den Kunden sondern auch bei Lieferanten, Mitarbeitern und Umfeld. Das wird eine mühselige Arbeit, denn der Glaube an die Versprechen der Hersteller ist dahin. Der Weg führt über Transparenz und den Willen, Wettbewerb als das zu begreifen, was er sein soll: hart aber fair.

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